Montone – das Kleinod mit dem starken Arm
Montone im Norden Umbriens, des „grünen Herzens“ Italiens, rühmt sich zu Recht, eines der schönsten Bergstädtchen der Region und wohl auch ganz Italiens zu sein. Dabei ist der Ort bis heute ein Geheimtipp und weitestgehend vom Massentourismus verschont geblieben. Sein noch völlig intakter mittelalterlicher, auf einem 482 Meter hohen Berg gelegener Stadtkern ist rundum von einer imposanten, steil aufragenden Mauer aus Felssteinen umgeben. Sie lässt erahnen, dass Montone in früheren Zeiten eine sehr wehrhafte Festung gewesen ist und verleiht dem Ort seinen Charakter als weltabgewandte Trutzburg. Von den Zinnen von Montone lassen sich atemberaubende Ausblicke auf das für Umbrien typische liebliche Landschaftsbild genießen: ausgedehnte, dicht bewaldete Hügelkuppen, häufig von einer Burg oder Kapelle gekrönt, dazwischen goldgelbe oder sattgrüne Felder, Zypressenhaine und –alleen, Villen, oft von mächtigen Bäumen den Blicken entzogen, eine uralte Kulturlandschaft abseits der Touristenströme. Inmitten der Stadtmauern von Montone schmiegt sich Haus an Haus, durchzogen von verwinkelten Gässchen, malerischen Durchgängen und schweißtreibenden Treppen. Alle Wege in Montone führen letztendlich zu seiner „guten Stube“, der kleinen, von Renaissance-Bürgerhäusern umrahmten Piazza, auf der sich, wenn nicht gerade „Siesta“ angesagt ist (also nicht zwischen 13 und 17 Uhr) „tout Montone“ zu einem Espresso oder einem Gläschen Grechetto trifft. Touristen sind hierzu herzlich eingeladen, mangelnde Italienischkenntnisse angesichts des Reichtums der Gebärdensprache der Einheimischen kein Hinderungsgrund. Zu der Beschaulichkeit von Montone und seinem ganz eigenen Flair trägt sicherlich auch bei, dass das Städtchen für Autofahrer tabu ist. Auf kurvenreichen Serpentinen gelangt man zwar noch mit dem Wagen oder dem Bus zu einem der Stadttore, dann heißt es aber, den Ort zu Fuß zu erkunden.
Die Ursprünge von Montone reichen bis in die Zeiten der alten Römer zurück und steinerne Zeugnisse jener Epoche lassen sich bis heute in Montone bestaunen. Seine Glanzzeit erlebte Montone im 14. und frühen 15. Jahrhundert unter der Herrschaft des Adelsgeschlechts der Fortebraccio (auf Deutsch: der mit dem starken Arm). Doch schon bald danach war es mit der Herrlichkeit und Selbständigkeit von Montone wieder vorbei und das Städtchen versank in einen jahrhundertelangen Dornröschenschlaf, sehr zum Wohlgefallen seiner heutigen Bewohner und Besucher. Einer der Fortebraccio, Carlo, schrieb sich indessen noch unauslöschlich in die Stadtgeschichte von Montone ein, als er 1473 als General in venezianischen Diensten mit einem Dorn aus Christi Schmerzenskrone aus dem Heiligen Land zurückkehrte und die Reliquie seiner Heimatstadt vermachte. Diesem Ereignis, dem Einzug der Reliquie in Montone, gedenken seine Einwohner noch heute zweimal jährlich (am Ostermontag und am Sonntag nach Ferragosto, d.h. nach dem 15. August) in Volksfesten, ausgelassenen und farbenprächtigen Aufzügen in mittelalterlichen Kostümen, die jedes Jahr Besucher von nah und fern anlocken.